Ja Florenz.. hinterlässt doch gemischte Gefühle bei mir. Einerseits ganz sicher eine der schönsten Städte die wir bisher besucht haben, andererseits so Touristenüberlaufen, dass selbst Venedig natürlich wirkt. Und obwohl einiges auf dem Papier Fußgängerzonen ist, ist man immer am zur Seite springen, wenn man nicht von Taxis, Mopeds, richtigen Motorrädern, Fahradfahreren (besonders Lieferdienste) und normalen Autos überfahren werden will. Und halt extrem laut und stressing… aber schön.
Amelia in Umbrien, an den Grenzen zur Toskana und zum Latinum gelegen, war unsere Hauptverweilstelle. Das Städchen ist offensichtlich noch ein Geheimtipp. Wir sind wahrscheinlich in 50-100km Umkreis die einzigen germanischen Barbaren hier. Das merkte man auch an den Sehenswürdigkeiten, praktisch nirgendwo ein deutsches Auto zu sehen oder im Vorbeigehen deutsche Satzfetzen aufzuschnappen… herrlich. In der ganzen Zeit habe ich zwei deutsche, zwei Französische und ein holländisches Auto gesehen.
Ansonsten ist Amelia schön und tatsächlich interessant. Die Stadt ist mit ihren 11k Einwohnern Mitglied in der Cittàslow, einer 1999 gegründeten italienischen Gruppierung, die von der Slow-Food Bewegung inspieriert für diverse und lebenswerte Städte eintritt. Also besonders das immer gleicher werden der Städte durch Franchiseunternehmen bekämpfen und die eigenen kulturellen Errungenschaften fördern.
Das kann man unter anderem in der sehr gut gemachten Ausstellung rund um die hier gefundene Statue von Germanicus sehen. Die Multimediaunterstützung ist klasse. es gibt einen 20minütigen Film über Germanicus, der über Fünf Projektoren auf drei Wände geworfen wird und mit Sound und weiteren Lichteffekten unterstützt wird, dennoch ist das nicht übertrieben, sondern durchaus passend. Auch die Animation der gezeigten historischen Gemälde ist dabei gut gelungen. Die Interpretation einiges historischer Ereignisse differiert durchaus von dem was in Deutschland (zumindest populärwissenschaftlich) verbreitet wird. (wie es der Zufall will haben wir an einer Tanke auf der Hinfahrt ein Geo-History mitgenommen, in dem die Feldzüge des Germanicus behandelt werden 😉 ). Bei der Statue selbst werden auch multimedial die Einzelheiten erläutert, auch mit sehr guter Lichtführung. Alles doch sehr anders als die meisten Museen die ich noch so kenne.
Die Innenstadt selbst ruht auf dem Hügel und besteht zT aus sehr alten Gebäuden, an einigen ließt man mittelalterliche Jahreszahlen, das Stadttor ist aus dem ersten Jahrhundert. Wir sind an der Außenseite der Stadtmauer halb um die Stadt gelaufen um durch eines der hinteren Tore hinein zu gehen und dann durch die Gassen zurück zu flanieren.
danach noch ein paar Liter lokales Bio-Olivenöl gekauft… und schon müssen wir die Weiterreise vorbereiten.
aber ich denke, hier waren wir wohl nicht zum letzten Mal.
Am Mittwoch den 14.09.2022 ging es zur Cascata delle Marmore, einem künstlichen Wasserfall. Allerdings haben ihn die Römer bereits 271 v.Chr. angelegt, so dass er in 7 Jahren bereits 2300 Jahre alt ist. Mit seinen insgesamt 165m Höhe ist er der höchste von Menschen angelegte Wasserfall der Welt und 3m höher als die Triberger Wasserfälle im Schwarzwald. Angelegt wurde er, indem der Fluss Velino umgeleitet wurde. Heutzutage wird das Wasser aber auch zur Stromerzeugung genutzt, so dass die meiste Zeit des Tages nur eine geringe Wassermenge (0,3 kbm/s) fließt und der Rest durch Turbinen geleitet wird. Bevor die Wassermenge erhöht wird, auf 15 kbm/s, erschallen mehrfach laute Sirenen, damit sich nicht jemand in den Uferbereichen aufhält. Nach wenigen Minuten erreichen die Wasserfälle dann ihre ganze Pracht. Und es ist eine Pracht. Am oberen Aussichtspunkt kann man die oberste und längste der drei Fallstufen gut sehen, von unten sind die weiteren zwei schön zu erforschen. Leider versteckt sich die obere Fallstufe von unten aus betrachtet sehr hinter dem zerstäubten Wasser. Anscheinend stand der Wind auch nicht günstig und die Luftfeuchtigkeit trug wohl auch dazu bei, dass der sich durch die zerstäubung bildende Nebel etwas länger hielt. Das behindert ein gutes Fotografieren leider doch sehr. Dass ich meine Graufilter zuhause gelassen habe erleichtert das Einfrieren der Wassermassen in “Wattewasser“ auch nicht gerade. Nu ja. Wir sind übrigens zwischen dem oberen und unteren Aussichtspunkten mit dem Auto gefahren, der Shuttlebus war nicht in Betrieb, und die 180 nötigen Höhenmeter, größtenteils als Treppen, waren uns nach dem gestrigen Marsch auf die Civita di Bagnoregio doch zuviel. Vor allem in beide Richtungen… Mit der Option für den Rückweg auf den Bus zurückgreifen zu können wäre das vielleicht was anderes gewesen. Auch war der die Showtime vormittags nur zwei Stunden und mit Staunen, Fotografieren Umherlaufen und Umparken (außen rum sind es dann auch 10 km) haben wir doch einiges an Zeit gebraucht. So haben wir uns leider auch den Aussichtspunkt auf dem Hügel gegenüber gespart, wäre wohl auch zu knapp geworden. Von diesem Punkt kann man wohl alle drei Stufen zusammen sehen, aber dafür müssen wir wohl nochmal wieder kommen. 🙂 Auch gibt es in den Sommermonaten wohl Nachtführungen (bzw Dämmerungsführungen), bei denen der Wasserfall erleuchtet wird… Ebenso kann man einen Balkonaussichtspunkt auf halber Höhe, den Balkon der Liebenden, nur mit Führungen erreichen.
Aber die ganzen “nicht“ Punkte sollen das ganze gar nicht mies machen, der Wasserfall ist wunderschön, und das Erlebnis ist beeindruckend und macht Spaß.
Heute Nacht hat es gewittert – mit Stromausfall, was wir daran merkten, dass die Notlichter angingen… Und auch gerade jetzt regnet es leicht. Mal sehen was wir heute machen.
Gestern sind wir dann in die “sterbende Stadt“, die Civita di Bangoregio gelaufen. Dieser Stadteil ist alt, zuerst haben hier die Ertrusker gesiedelt, so um 800 v.CHr., aber auch römische Reste gibt es hier. Da diese alte Siedlung aber nur über eine schmale Brücke zu erreichen ist und dabei auch einiges an Höhenunterschied zu überwinden ist, verließen die Menschen nach und nach die Stadt. 1990 lebten dann schließlich nur noch 7 alte Menschen auf dem Hügel, inzwischen Stadtteil von Bagnoregio, diese Stadt liegt direkt nebenan, zwar ähnlich hoch, aber besser über Straßen zu erreichen. Da die Civita aber äußerst malerisch ist, nicht nur von Bagnoregio aus gesehen, sondern auch wenn man in den kleinen (inzwischen) mittelalterlichen Gassen flaniert, hat der Tourismus das Städtchen für sich entdeckt. Einige Reiche Menschen haben Häuser gekauft, unter diesen widrigen Umständen restauriert und renoviert, so dass die als Wochenend und Feriendomizile nutzbar sind. Das führte auch dazu, dass es wieder Trattorien und ein Restaurant aufmachten.
Etwas beschwertlich ist, vor allem für und dicke Menschen der Weg, denn von Bagnoreggio geht es erstmal über eine Treppe und dann über eine Straße bergab bis zum Fuße der Brücke. (Dort wird dann auch der Eintritt kassiert, geht mit 5€ aber durchaus in Ordnung). Aber dann geht es zuerst die Brücke und dann den alten mittelalterlichen Pflasterweg hinauf.Der gesamte weg ist zwar nur ca. 1,5 km lang, aber auch vormittags schon komplett in der Sonne und es sind auch 94 Höhenmeter zu überwinden… und nach der Besichtigung muss man ja auch noch zurück. Dafür bekommt man in einer der kleinen Bars auch mittags schon Getränke zu guten Preisen. (2 Caffé, 1 Schweppes Tonic Water und ein Blutorangensaft zusammen für 9€, dafür kann man in Luzern eines der Getränke auswählen).
Wir haben auch den Rückweg geschafft aber dann verzichtet uns gestern (13.09.) noch etwas anzusehen. Aber unsere tägliche DDPY-Runde haben wir noch gemacht…
Nach einer weiteren lauten Nacht und einem guten Frühstück machen wir uns auf nach Bella Italia. Die Etappe nach Amelia würde 735km betragen. Leider geht es ziemlich schnell mit einem Stau vor der Gotthard Tunnel los. 40 Minuten stop-and-go durch die Zugangsampeln, was natürlich sinnvoll ist, da ein längerer Stau innerhalb des Tunnels nochmals deutlich unschöner wäre als im Regen draußen vor dem Tunnel zu stehen. Der Tunnel selbst ist wie alles in der Schweiz sauber, ordentlich und gut ausgeleuchtet. An der Grenze hält sich der Stau sehr in Grenzen (10 Min) und man konnte nur ein paar gelangweilte italienische Grenzbeamte herumstehen sehen. Gleich der erste Tunnel auf italienischer Seite zeigte dann aber auch dass es mit sauber, aufgeräumt und gut ausgeleuchtet an Stellen wo das nicht unbedingt nötig ist vorbei ist. 😉 Aber irgendwie auch nicht unsympathisch.
An den italienischen Umgang mit Geschwindigkeitsbegrenzungen muss ich mich nach der Schweiz aber erst gewöhnen, falls das überhaupt möglich ist. In der Schweiz haben wir die Warnfunktion des Autos auf 5 km/h über die erkannte Geschwindigkeitsbegrenzung eingestellt. In Italien wurde ich von einem Sattelzug fast angeschoben als ich, nachdem ich merkte dass man bei zu genauer Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung als Verkehrshindernis gilt, bei 40 km/h nur 68 fuhr…. oder als ich bei 60 km/h Begrenzung nur 80 fuhr wurde ich nicht nur von der Polizia Stradada überholt sondern auch von mehren Autos in deren Blick…
Leider gab es vor der ersten Mautstation dann auch wieder einen ziemlich langen Stau (25 Min). Und das für sage und schreibe 2,30€ … nun ja. Etwas später haben die Wegetrolle dann 3,30€ haben wollen, aber später gab es dann eine Karte die man zog und halt bei der Abfahrt bezahlt, was das deutlich bessere System ist. Das Navi hat dann aber noch zwischenzeitlich eine Sperrung vermutet, so dass wir eine kleine Extrarunde um einen Flughafen fahren durften, inklusive Maut-zahlen und neue Karte ziehen danach. Um Mailand gab es auch nochmal Stau, so dass wir am Ende bis Amelia in Umbrien 10 Stunden und insgesamt 49,80€ Mautgebühren gebraucht haben.
Aber Umbrien ist sehr schön. Nicht so überlaufen, wie es die Toskana wohl ist, zumindest sind die nicht-italienischen Kennzeichen ab der Höhe Florenz schlagartig deutlich weniger geworden um nicht zu sagen praktisch verschwunden. Aber landschaftlich dennoch reizvoll, auch die vielen Städte auf den Hügelkämmen, die Oliven- und Weinplantagen, aber auch “wilde“ Natur. Lediglich alles was Ähnlichkeiten mit Wiesen und ebenen Wildflächen hat ist auf dem Weg in eine braune Wüste. Von den Flüssen und Bächen sind auch praktisch nur Rinnsale in weiten Kiesflächen übrig. Die Städte und Dörfer sind auch sehr deutlich nicht hauptsächlich auf Tourismus ausgelegt sondern tatsächlich lebendig, selbst an den Sonntag Nachmittag. Unsere Unterkunft zu finden gestaltet sich etwas schwierig, sie ist ein gutes Stück wieder aus Amelia raus (aus der Richtung die uns das Navi nach Amelia leitet), und wir sind mehrere Schotterwege gefahren und umgedreht. Bei dem letzten mit freundlicher Wegbeschreibung von zwei Damen, die sich in keinster Weise daran störten, dass wir offensichtlich deren Privatweg benutzten.
Als wir dann etwas erschöpft an der Unterkunft ankamen konnten wir uns direkt davon überzeugen, dass die Entscheidung richtig war. Das kleine Anwesen ist ein umgebauter Olivenbauernhof, die sehr nette Gastgeberin hat aber auch noch 230 Olivenbäume aus denen sie ihr eigenes Öl gewinnt.
Die Unterkunft hat keinen Fernseher (wozu auch, aber dennoch ist es glaube ich seit 30 Jahren das erste Mal, dass wir eine Unterkunft ohne Fernseher haben). Die einzigen zwei Nachteile sind das etwas durchgelegene Bett und die Mücken, die uns auffressen und das auch durch langärmelige und -beinige Kleidung.
Den Sonntag müssen wir erstmal chillen um die Fahrt aus den Knochen zu bekommen.
Am Montag geht es dann in den Sacro Bosco, den Park der Ungeheuer, in Bomarzo, ein wunderschöner Park mit ungewöhnlichen Skulpturen.