Aquarellbild eines Anwesens in Italien mit Palmen und Orangen im Vordergrund

Una Settimana Siciliana

 „Sizilien ist der Schlüssel zum Italienischen, der Schlüssel zu meinem Herzen.“ – Johann Wolfgang von Goethe

Nach Taormina im Januar

Der Ort den ich besuchen werde heißt genau genommen Mazzeo, und er liegt etwa zweieinhalb Kilometer nördlich der Tourismushochburg Taormina. Tatsächlich befindet sich der größte Teil der Hotels und Pensionen außerhalb von Taormina, denn das beschauliche Städtchen liegt auf dem Berg, und der direkt darunter befindliche Ort mit direktem Zugang zum Strand heißt Mazzarò.

Das Wetter im Januar ist für gewöhnlich mild mit Temperaturen um die 15°C und leichter Bewölkung die auch ab und zu mal einen Schauer von sich geben kann. In den letzten Jahren sind aber auch schon strenge Winter und extrem milde Temperaturen vorgekommen.

Wie es bei der Reiseplanung meine Art ist habe ich mir eine Reihe von Zielen auf der Insel herausgesucht und werde anhand meiner persönlichen Tagesform und Laune sowie dem Wetter entscheiden was ich mir anschauen will. Mir ist schon vorher bewusst, dass eine einzige Woche der Fülle an Sehenswürdigkeiten auf dieser Insel auf keinen Fall gerecht wird, also gibt es auch keine Liste mit „Pflicht – Zielen“ die ich mir unbedingt ansehen muss.

Anreise

Da eine Woche ja nicht viel Zeit ist, nehme ich das Flugzeug nach Catania. Man kann auch mit der Fähre ab Genua herkommen, dann geht es ohne Flieger und man hat sein eigenes Auto dabei.

Der fast ausgebuchte Eurowings Flieger ist fest in italienischer Hand, die überwiegende Mehrheit der Leute an Bord sind Italiener oder sehen wenigstens so aus. Das Boarding Personal am Gate ist etwas überfordert, was zum Teil an den drei Rollstuhlpassagieren plus einem Baby liegt die vorab an Bord gebracht werden müssen. Sie versuchen den Leuten die weder Deutsch noch Englisch sprechen sprachlich entgegenzukommen, greifen mit Spanisch aber knapp daneben.

Beim Landeanflug auf Catania ist es bereits dunkel und man sieht die Lichter der Stadt mit einem buchstäblich schwarzen Loch in der Mitte, bei dem es sich nur um den Etna und die unbewohnte Zone drumherum handeln kann.

Ich habe extra eine Mietwagenfirma gebucht die sich der Buchungsplattform zufolge im Terminal befindet, das ist der Firma aber egal und ich irre daher rund 30 Minuten um die Terminals herum bis ich mich zu dem richtigen Container durchgefragt habe der sich am Rand des Geländes bei den VIP Car Anbietern befindet. Nach der Übernahme des Mietwagens (ein Citroën C3) muss ich also nur noch mit heiler Haut aus Catania raus und nach Mazzeo zu meinem Hotel fahren. Soviel kann ich bereits vorweg sagen: Die Klischees bezüglich sizilianischer Fahrweise sind wahr und zum Teil untertrieben. Ich bin von Natur aus eher eine sportliche Fahrerin, und ich werde angelichthupt, angehupt, geschnitten, bedrängt etc; am besten man lässt das einfach über sich ergehen und fährt ganz wie man meint, denn das gehört für Sizilianer anscheinend zum sportlichen Fahren mit dazu. Natürlich verfahre ich mich auf der Uferstraße, schaffe es aber früh genug ins Hotel bevor das Restaurant schließt, was mir die Mühe erspart noch auf die Suche gehen zu müssen nach der Anreise.

Ein erster Rundgang

Der Ort Mazzeo scheint eine einzige Baustelle zu sein. Es ist anscheinend eine Uferpromenade im Bau sowie mehrere Häuser. Ich muss daher ein kleines Stück die Straße runtergehen um ans Meer zu kommen, aber ich werde mit einem menschenleeren Strand belohnt, der aus grobem Sand mit Steinen besteht plus dem üblichen Strandgut. Während der Saison sorgen die Lidos für das Wohl der Gäste, die sind aber zur Zeit geschlossen. Ich laufe noch etwas durch den Ort und staune über die bunten Häuser, die teils üppig mit Pflanzen bewachsen sind und auch mit den typischen Keramiken verziert sind.

Einen Ort weiter in Letojanni sind keine Baustellen, Parkplätze aber auch nicht und daher bin ich ganz zufrieden. Überraschend kommt die Sonne raus, also fahre ich spontan los nach Savoca, eine der Orte auf der „Der Pate“ Tour.

Savoca

Es heißt dass Francis Ford Coppola seinen Film ursprünglich wirklich im Dorf Corleone drehen wollte, aber die örtliche Mafia verlangte derart hohe Schutzgelder dass er in die Bergdörfer an der Ostküste auswich die ihm sowieso besser gefielen. Ich manövriere das zum Glück überschaubar große Auto über enge Haarnadelkurven bis hin zum Ortskern. Ich kann dort immerhin schonmal die Coppola Skulptur ablichten und zwischen den Touristengruppen fünf und sechs einen Blick auf die Bar Vitelli werfen, vor der im Film Michael Corleone um Agrippinas Hand anhält, und natürlich den knallbunten Kitsch in den Souvenirläden bestaunen als das Wetter umschlägt und ich wieder zurückfahre.

Taormina

Der Sonntag tut seinem Namen alle Ehre und bringt strahlenden Sonnenschein. Beste Vorraussetzungen für einen Ausflug nach Taormina! Das Auto lass ich stehen und nehme statt Unsummen für ein Parkhaus auszugeben den Bus für 1,30€, der bringt mich direkt zur Porta Messina. Das ist zwar nicht das Ende an dem man den Rundgang beginnen soll, aber ich bin am richtigen Ende und kann direkt mit der Besichtigung des antiken Theaters anfangen. Der Eintritt kostet 14€ für Erwachsene, 7€ für Kinder und für etwas über 20€ bekommt man eins der Tickets ohne Schlangestehen. Reisegruppen lotsen ihre Leute flott durch den Prio Eingang, damit sie nicht merken dass heute der Eintritt sowieso umsonst ist, wie an jedem ersten Sonntag des Monats. Ich gehe die Stufen des Theaters ganz nach oben und werde mit einem spektakulären Blick auf den Etna belohnt.

Während der Saison werden im Theater regelmäßig Aufführungen angeboten.

Ich schlendere über den Corso Umberto I, der die Einkaufsmeile darstellt, und so langsam sind auch die Italiener wach beziehungsweise mit dem Gottesdienst fertig und es wird ziemlich voll auf der Meile. Auf der Piazza IV Aprile begrüßt mich Oscar Wilde:

In dem Café Wunderbar direkt neben dem riesigen Weihnachtsbaum wird gerade ein Tisch mit Ausblick aufs Meer frei, den nehme ich gerne und stärke mich mit Wasser, einem doppelten Espresso und einem Crèpe. Ich wundere mich über den „Espresso Corretto“ auf der Karte, also den „korrekten“ Espresso und bekomme gesagt dass das die Variante mit einem Grappa drin ist. Ich bleibe lieber bei dem den ich kenne. Am Domplatz hat jemand einen alten Fiat 500 zu einem Krippenspiel umgebaut:

Weiter an der Porta Catania befinden sich die Luxushotels, wie das in dem die zweite Staffel von White Lotus gedreht wurde, und man kann Ausflugsfahrten mit einem Lamborghini oder Ferrari buchen.

Ein wenig laufe ich noch durch die Gassen und nehme dann für 6€ die Seilbahn ans Meer nach Mazzarò. Die Elend lange Treppe ans Meer will ich nicht runter und vor allem später wieder rauf gehen, aber einen Blick auf die Isola Bella kann ich auch so werfen:

Da irgendwie gerade kein Bus zu fahren scheint mache ich mich zu Fuß auf den Weg zurück nach Mazzeo. Es ist nicht so dass man allzu viel von Bürgersteigen hält in Italien, und so muss man halt mehr oder weniger auf der Fahrbahn die Straße entlang laufen. Zwischendurch komme ich auf die Idee ein Stück am Strand entlang zu gehen um mir einen Hügel zu ersparen, aber das Laufen im Sand ist auch mühsam und zudem von einigen Kletterpartien unterbrochen. Am Strand viele Gebäude die eher nach „Lost Place“ als nach Winterpause aussehen, aber wer weiß? Als ich endlich wieder im Hotel ankomme qualmen mir ordentlich die Socken, aber ich bin zufrieden. Meine Laufleistung heute: 11 Kilometer. Nicht schlecht für meine Verhältnisse!

Taormina- Giardini

Heute, am Dreikönigstag, ist wieder bester Sonnenschein, und ich mache mich heute mit dem Auto auf in Richtung Süden, nach Giardini Naxos. Auf dem Weg komme ich am Bahnhof Taormina Giardini vorbei, der ganz wunderbar historisch erhalten ist, so dass man sich selbst in einen Film der 60er Jahre versetzt fühlt. Es handelt sich nicht etwa um ein Museum, sondern einen aktiven Bahnhof, es ist nur gerade wenig los.

Giardini Naxos

Etwa 10 Kilometer von Taormina entfernt liegt das Dorf Giardini Naxos, ein Fischerdorf mit ordentlichem touristischen Überbau. Ich lasse das Auto auf einem der unbewachten, aber dafür kostenlosen Parkplätze an der Hauptstraße stehen und laufe drauf los. Wie überall ist auch hier einiges an Geschäften und Restaurants geschlossen, aber man findet überall etwas wenn man möchte. In der Nähe des Hafens befindet sich die Ausgrabungsstätte des antiken Naxos. Also es handelt sich natürlich nicht um „das berühmte Naxos“ aus der griechischen Mythologie, denn das ist schon noch eine Insel der Kykladen und damit definitiv in Griechenland. Aber es ist wohl der Ort an dem die alten Griechen ca 800 v.Chr.mit der Besiedlung Siziliens begannen, und in dem archäologischen Park kann man heute für 6€ Eintritt lustwandeln und die Reste bestaunen. Viel ist davon nicht übrig und das Museum ist eher dürftig bestückt, aber ein Spaziergang lohnt sich dennoch.

In dieser Jahreszeit hängen die Zitronen- und Orangenbäume überall voll mit Früchten wo man auch geht und steht, und ab und an liegt auch mal eine Orange oder Zitrone am Wegrand herum die wohl einem Bauern vom Apfelsinenlaster gefallen ist. In dem Park finden sich ebenfalls viele Zitronen, Orangen und Olivenbäume sowie blühende Pflanzen für jede Jahreszeit. Angenehmerweise kann ich ganz in Ruhe meine Fotos machen und den Ausblick genießen, denn ich bin tatsächlich ganz allein auf dem Gelände.

Lipari im Winterschlaf

Es hätte nicht viel gefehlt und ich wäre auch auf Lipari ganz alleine gewesen, aber natürlich wohnen da auch ca 10.000 Leute. War ich denn die einzige Touristin? möglicherweise. Ausflüge zu den Liparischen Inseln (oder Eolischen Inseln wie sie hier genannt werden) kann man zu dieser Jahreszeit nicht buchen, also habe ich mir ein Ticket für die reguläre Fähre ab Milazzo besorgt und war nach ca einer Stunde da. Leider kam ich auch erst gar nicht weiter, denn die Busse fuhren sehr spärlich und auch nur andere Ortschaften an und nicht die Aussichtspunkte, und es waren alle Geschäfte mit irgendeinem Tourismuskontext geschlossen. Cafés, Bistros, Restaurants, Museen, Fahrrad- und Autovermieter, Souvenirgeschäfte, komplett verriegelt und verrammelt. Das einzige verfügbare WC ist das welches zum Wartebereich der Fähre gehört.

Ich kann also eigentlich nur die Stadt Lipari ansehen und dann wieder abhauen, was ich dann auch tue. Wenn man die deutlich angezählten Gebäude mal ignoriert bei denen das „Zu Verkaufen“ Schild schon fast auseinanderfällt und bei denen der nächste Erdstoß wahrscheinlich den Abriss besorgt, ist das Städtchen aber wirklich hübsch. Hier komme ich gerne irgendwann noch mal hin wenn es nicht gerade tot ist.